Start: Parkplatz Lucknerhaus - Kals am Großglockner (1918m)
Ziel: Großglockner (3798m)
Wegbeschreibung (kurz): Lucknerhaus - Lucknerhütte - Stüdlhütte - Frühstücksplatz (Stüdlgrat) - Großglockner - Kleinglockner - Erzherzog-Johann-Hütte - Lucknerhütte - Lucknerhaus
Mit dem Auto geht es durch das Pustertal über Lienz nach Kals am Großglockner und weiter zum Lucknerhaus (1918m), wo wir das Auto parken. Nun wandern wir gemütlich über die Lucknerhütte in ca. 1,5 Stunden zur Stüdlhütte (2802m). Die Hütte ist sehr modern und bietet großzügig Platz, sodass das Gedrängel im Lager, welches von anderen Hütten bekannt ist, ausbleibt. Es gibt Abendessen vom Buffet, was OK ist, allerdings ist die Stimmung in der Gaststube eher mit der eines Cluburlaubs zu vergleichen - ja niemanden ansprechen. Das Personal wirkt durch den großen Ansturm abgestumpft und ist mit nichts zu begeistern - Lächeln? Fehlanzeige. Am nächsten Tag am Grat wird uns auch klar warum, denn die meisten Bergsteiger, die hier steigen sind an Arroganz und Egozentrik kaum zu übertreffen, aber dazu später mehr.
Die Stüdlhütte in der Abenddämmerung
Nach einer schlaflosen Nacht gibt es um 5 Uhr Frühstück, welches ausgesprochen vielfältig und sehr lecker ist. Um 5.30 Uhr wird aufgebrochen. Wir sind nicht die ersten, denn unser Weg ist bereits von einer Licherkette gesäumt. Der Pfad geht gleich nach der Hütte relativ steil bis auf eine Kuppe über die man in kurzer Zeit den Gletscher erreicht (ca 3000m). Der Schnee ist griffig, weshalb wir auf Steigeisen verzichten. Wir seilen uns an und machen uns an den Aufstieg. Zunächst geht es in mäßiger Steigung am Luisenkopf zu unserer Rechten vorbei, dann wird es etwas steiler und wir erreichen in zwei Kehren nach ca. 1,5 Stunden den Einstieg zum Grat (ca. 3300m). Mittlerweile ist es Tag geworden und man konnte bereits von weiter unten bunte Figuren am Grat ausmachen, leider sehr viele. Wir beschließen das erste Stück des Grates frei zu begehen, um Zeit zu sparen. In unschwieriger Kletterei erreichen wir eine halbe Stunde später das Frühstücksplatzl (3550m). Mit einer Tafel wird dem Bergsteiger nahegelegt, dass bei Überschreiten einer Richtzeit von 3 Stunden bis hierher, eine Umkehr in Erwägung zu ziehen ist. Wir machen eine kurze Pause, essen und trinken und seilen uns anschließend an. Wir sind zu dritt unterwegs, einer steigt vor, die anderen beiden binden sich am anderen Seilende mit einem Abstand von ca. 3 Metern ein. Von hier an wird die Kletterei schwieriger, ca. III, später auch IV. Besonders markant sind zwei Stellen. Die erste ist eine ausgesetzte schräge Platte mit nur sehr kleinen Griffen. Wir haben uns entschieden vorher die Handschuhe auszuziehen um mehr Grip auf den Fingern zu haben. Evtl. kann man sich hier mit einer Express-Schlinge behelfen, die man in der Mitte der Platte in den Bohrhaken einhängt. Die Stelle ist sehr kurz, sodass man mit zwei beherzten Zügen drüber kommt. Die zweite Stelle kommt etwas später und besteht aus einem steilen Aufschwung, der zu Beginn leicht überhängt und wenig Tritte oder Griffe aufweist. Die Stelle ist dadurch entschärft worden, dass sich direkt zu Beginn ein Bohrhaken befindet, von weiter oben herab ein Strick hängt und ca. in der Mitte ein Eisenstift angebracht ist. Stützt man sich an der Felswand ab und steigt rücklings auf das Ende des Blockes, der sich von der Felswand wegneigt, kann man den Strick problemlos erreichen. Nun tritt man auf den Bohrhaken und mit einem kräftigen Zug erreicht man den Eisenstift und danach das obere Ende des Stricks, an dem sofort ein Drahtseil anschließt. Hier hat man nun auch wieder bessere Tritte. Hat man diese beiden Stellen überwunden ist es nur noch ein kurzes Stück leichte Kletterei zum Gifpel (3798m), den wir wenig später erreichen. Es ist ca. 11.30 Uhr. Wir haben von der Hütte zum Gipfel ca. 6 Stunden benötigt, was sicherlich dem großen Ansturm geschuldet ist. Leider konnten wir den Grat nicht genießen und bewundern wie er es sich verdient hätte. Die schiere Anzahl an Bergsteigern erfordert es möglichst konstant und zügig vorwärts zu kommen. Die meisten haben keinerlei Geduld mitgebracht, nur das eigene Vorwärtskommen zählt. So kommt es vor, dass teilweise an engen Gratstellen 4 Seile übereinanderlaufen, oder, dass 8 Personen an einem Bohrhaken als Stand hängen.
Das Gipfelkreuz am Großglockner
Nach einer kurzen Rast beginnen wir um 12.00 Uhr mit unserem Abstieg, der uns zunächst in leichter, aber ausgesetzter Kletterei in die Scharte zwischen Groß- und Kleinglockner führt. Anschließend steigen wir an einem Stahlseil gesichert auf den Kleinglockner und balancieren über den Grat weiter. Ein letzter Abstieg in leichtem Fels führt uns auf eine Gratschulter, an der wir in Richtung Ost in einer Rinne auf den Gletscher absteigen. Weiter am Grat kann man Sicherungsstangen erkennen. Es würde wohl auch ein Weg weiter den Grat hinab führen. Jedoch scheint die Rinne die bessere und schnellere Wahl zu sein. Die vielen Bergsteiger, welche zu dieser Zeit im Auf- und Abstieg am Normalweg unterwegs sind, werden hier zum Problem. In der Rinne, die Schnee und Eis aufweist und ca. 150m lang ist, tummeln sich an die 50 Bergsteiger. Einige steigen mit Steigeisen und Pickel ab, andere seilen an den zahlreichen Stangen ab, wieder andere steigen im kurzen Seil auf. Rufe von allen Seiten: "Seil aus", "Stand", "Probiers weiter links" - Chaos pur - mit Genuß hat dies wenig zu tun. Weil wir bereits eine Stunde vom Gipfel bis hierher benötigt haben, entscheiden auch wir uns dafür, uns ins Getümmel zu werfen. Mit Steigeisen und Pickel steigen wir über Schnee und Eis ab, großteils rückwärts in der Hoffnung, dass die Leute über uns keine Fehler machen und nicht Steine, Eis oder Personen auf uns fallen. Auf dem Gletscher angekommen sind wir erleichtert und es geht problemlos weiter zur Erzherzog-Johann-Hütte (3451m) und von dort weiter talwärts über das Ködnitzkees und vorbei an der Lucknerhütte zum Lucknerhaus und dem Parkplatz.
Blick von der Erzherzog-Johann-Hütte zum Großglockner (Im steilen Bereich des Gletschers kann man einige Bergsteiger beim Abstieg erkennen.
Während dem Abstieg diskutieren wir über den soeben erlebten Auflauf. Unser Fazit: wir sollten uns alle darauf besinnen worum es beim Bergsteigen eigentlich geht: "Mit Freunden eine tolle Zeit zu erleben". Ob ein Schnee- und Eiskanal mit 50, teils überforderten Personen darin dazugehört, muss jeder für sich entscheiden. Ich suche mir jedenfalls für meine nächste Tour ein einsames, unbekanntes Plätzchen. Ob ich deshalb niemals wieder auf den Großglockner steige? Ich weiß es nicht, in nächster Zeit jedoch eher nicht.
Comments